Der BigBrotherAward der Kategorie "Technik" geht an die Toll Collect GmbH vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Michael Rummel da mit der satellitengestützten Erhebung und zentralen Verarbeitung der Bewegungsdaten von Kraftfahrzeugen eine neue Dimension der Beobachtung von Verkehrsteilnehmern möglich wird.
Gründe
Die Toll Collect GmbH - vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Michael Rummel - ist Preisträger in der Kategorie Technik, da mit der satellitengestützen Erhebung und zentralen Verarbeitung der Bewegungsdaten von Kraftfahrzeugen eine neue Dimension der Beobachtung von Verkehrsteilnehmern möglich wird. Die Zusicherung der Betreiber, dem Datenschutz Sorge zu tragen, erscheint bei der Größenordnung der Erfassung und den Möglichkeiten der Auswertung nicht angemessen.
Das Bundeskabinett hat am 15.08.2001 einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr für LKWs über 12t auf Autobahnen ("LKW-Maut") beschlossen. Um die Effektivität und Gerechtigkeit dieser Maut zu erhöhen, sollte keine Pauschalabgabe in Form einer Vignette geschaffen werden, sondern eine nutzungsbezogene - per tatsächlich gefahrener Strecke berechnete - Gebühr erhoben werden. Dazu ist es notwendig, die Autobahnauffahrt und -abfahrt zu registrieren und die resultierenden Kilometer in Rechnung zu stellen.
Am Ende eines mit Rechtsstreitigkeiten behafteten Vergabeverfahrens erging der Zuschlag zur Entwicklung, Errichtung und den späteren Betrieb des LKW-Mautsystems am 20.09.2002 an das Konsortium ETC.de, besser bekannt unter dem Namen Toll Collect. Die Firma Toll Collect GmbH ist ein Gemeinschaftsunternehmen der DaimlerChrysler Services AG, der Deutsche Telekom AG und der französischen Cofiroute S.A.
Eine ins Fahrzeug eingebaute On-Board-Unit (OBU) besteht aus einem GPS-Empfänger und einem GSM-Telefon. Das System erkennt anhand von gespeicherten Geodaten eine Autobahn-Auffahrt als solche und registriert intern den Startpunkt einer Fahrt. Nach dem erkannten Verlassen der gebührenpflichtigen Strecke wird der ermittelte Maut-Betrag an die Toll-Collect-Zentrale übermittelt, die dann mit dem Halter des LKWs abrechnet.
Fahrzeughalter, die keine OBU einbauen möchten, können sich vorab an Terminals oder per Internet eine Fahrtroute "freischalten".
Schwarzfahrer, Maut-Preller, also Fahrzeuge die ohne Entrichtung einer Maut in eine gebührenpflichtige Strecke einfahren, werden von Kameras erfasst, die an speziellen Autobahnbrücken montiert sind. Per Laser sollen Fahrzeuge vermessen und damit der Mautpflicht zugerechnet werden. Ein im Fahrzeug befindlicher Infrarot-Sender teilt der Kontrollbrücke mit, dass die Maut ordnungsgemäß bezahlt wurde und deshalb kein "Beweisfoto" notwendig ist. Wenn ein Fahrzeug als mautpflichtig erkannt wurde und keine Rückmeldung von der OBU kommt, nehmen die Kameras ein Bild des Fahrzeuges auf und werten automatisiert das Kennzeichenschild aus, um dann ein entsprechendes Bußgeldverfahren einzuleiten.
Die On-Board-Unit besteht neben dem Satellitenempfangsteil für die Standortdaten auch aus einem GSM-Telefon, welches auf den Teil zur Datenübertragung reduziert wurde. Dieses Gerät wird nach dem Einbuchen im Netz wie ein normales Mobiltelefon behandelt und hinterlässt genau wie jedes andere Handy eine Bewegungsspur des Benutzers, welche technisch bedingt - je nach Größe der Funkzellen- auf wenige Meter genau ist.
Der zunehmende Trend zu "Ein-Mann-Unternehmen" als Spediteure lässt die ansonsten nicht unter das Bundesdatenschutzgesetz fallenden Bewegungsdaten schnell mit einer natürlichen Person - dem Halter des LKW - verknüpfbar machen. Außerdem ist im seit dem 12.04.2002 in Kraft befindlichen Autobahnmautgesetz (ABMG) eine umfangreiche Übermittlung dieser Daten zwischen dem Betreiber des Mautsystems und den Zollbehörden mit seinen mobilen Einsatzkräften vorgesehen.
Die Auszeichnung dieses Systems und der beteiligten Firmen mit dem BigBrotherAward soll als Warnung vor zukünftigen Begehrlichkeiten bei flächendeckender Einführung der automatischen Positionserfassung von Fahrzeugen dienen. Wir sehen voraus, dass die Autobahn-Maut auch für Personenwagen eingeführt wird und damit Privatpersonen von der massenhaften Verarbeitung von Bewegungsdaten betroffen sind.
Herzlichen Glückwunsch, Herr Dr. Rummel