Der Big Brother Award 2006 in der Kategorie "Technik" geht an die Philips GmbH Abteilung Unterhaltungselektronik, vertreten durch deren Geschäftsführer Ronald de Jong, für die Vorgabe, dass CD-Brenner ihre eindeutige Seriennummer auf den Rohling schreiben und damit eine Rückverfolgbarkeit von Datenträgern zum Brenner ermöglichen.
Mit der Einführung der beschreibbaren CDs und den dafür notwendigen Brennern wurde der sogenannte Orange-Book-Standard geschaffen. Dieses Dokument beschreibt die technischen Vorgänge und Eckdaten, wie eine beschreibbare CD und das dazugehörige Laufwerk auszusehen haben. Maßgeblich beteiligt war seinerzeit die Firma Philips, Abteilung Unterhaltungselektronik. Diese hatte - so wird berichtet - dem Druck der Unterhaltungsindustrie nachgegeben und die eindeutige Kennzeichnung der gebrannten CDs in die Spezifikation der Brenner eingebracht. Von nun an sollten alle neuen Geräte ihre weltweit eindeutige Seriennummer während des Brennvorganges auf der CD hinterlassen.
Mit dieser Seriennummer hofft die Unterhaltungsindustrie, "Raubkopien", also unlizenzierte Vervielfältigungen von Datenträgern, aufspüren zu können, um gegen die so genannten Schwarzkopierer vorzugehen. Tatsächlich aber hinterlässt der eingebrannte Code eine Datenspur, die den Ersteller der CD in Erklärungsnöte bringen kann. Der Benutzer eines Brenners wird darüber nicht informiert und auch die Hersteller geben sich bedeckt, welche Geräte diesen Code auf das Medium schreiben. Dabei sind die Gefahren offensichtlich: Die anonyme Weitergabe von Daten ist nicht mehr möglich - Kopien lassen sich zu dem Gerät zurückverfolgen, mit dem sie hergestellt sind. Ähnliches hatte die BigBrotherAward-Jury bereits 2004 bei den heimlich aufgedruckten Seriennummern durch Farbkopierer für preiswürdig gehalten.
Regelmäßige Kinogänger kennen die Spots der ZKM-Kinomarketing: "Raubkopierer gehen für fünf Jahre ins Gefängnis." Verschwiegen wird hier allerdings, dass es sich dabei um die Höchststrafe für gewerbliche Urheberrechtsverletzungen handelt. Wer einmal in Osteuropa oder Asien auf den Märkten war, weiß was damit gemeint ist: In großem Stil werden dort professionelle Kopien von Musik, Filmen und Software verkauft. Diese CDs sind allerdings in richtigen Presswerken in Massenproduktion hergestellt. Selbstverständlich ohne Seriennummer des Gerätes. Die Herstellung mit CD-Brennern wäre viel zu zeitaufwändig. Das Verfahren von Philips hilft hier also nicht. Es trifft nur den privaten Benutzer.
Wir wollen klarstellen: Es ist in Deutschland nicht strafbar, Musik-CDs für den privaten Gebrauch zu brennen. Auch wenn uns die Kampagnen der Unterhaltungsindustrie ein anderes Bild vermitteln wollen. Lediglich ein technisch wirksamer Kopierschutz darf dabei nicht überwunden werden und die Musik darf nicht aus "offensichtlich illegalen" Quelle stammen.
Über die so genannte "Leermedienabgabe", die für jeden Rohling und für jeden Brenner an die GEMA entrichtet wird, bekommen sogar die Urheber eine Vergütung. Es gibt also nicht den geringsten Grund, diese quasi geheime Kennzeichnung auf den CDs anzubringen. Trotzdem schreiben weiterhin viele Geräte den Code auf die Silberscheibe - weil es im Orange-Book-Standard so drin steht.
Herzlichen Glückwunsch, Ronald de Jong von der Firma Philips, stellvertretend für alle Hersteller, deren CD-Brenner ihre Seriennummer auf der CD hinterlassen.
Fußnote/Anhang:
Technisch betrachtet wird die Recorder Identification (RID) im sogenannten "Sub-code Q channel" untergebracht, wo unter anderem auch die Laufzeit des Stückes und die Songtitel untergebracht sind. Die RID besteht aus drei Zeichen Hersteller-Kürzel, vier Zeichen Modell-Kürzeln und mindestens fünf weiteren Zeichen für die eindeutige Geräte-Seriennummer.