10. BigBrotherAwards Frankreich

Aus Anlass des zehnten Jubiläums sind die Preisträger diesmal durch eine Publikumsabstimmung im Internet und vor Ort bei der Verleihung festgelegt worden - deshalb waren die Anwärter auf die unterschiedlichen Preise schon zwei Wochen vorher öffentlicht.

Eine der Fragen lautete, ob Nicolas Sarkozy, amtierender Staatspräsident Frankreichs und äußerst umstritten für seine restriktive Innenpolitik, diesmal einen Preis für sein Lebenswerk erhalten solle oder nicht. Schon als Innenminister hatte er 2006 eine besondere Erwähnung erhalten; er tritt jedoch mit derartiger Regelmäßigkeit in den Fokus der BBA-Juroren in Frankreich, dass eine Nominierung immer wieder im Raum stand.

Die Kenner der deutschen BigBrotherAwards ziehen hier vermutlich sofort Parallelen zu Wolfgang Schäuble, der in seiner Zeit als Innenminister immer wieder ein prädestinierter Anwärter auf einen der Preise war - und damit eigentlich zu bekannt, um einen zu bekommen. Er hat im letzten Oktober schließlich doch einen gekriegt: für sein Lebenswerk. Genauso haben es die Franzosen mit Sarkozy gehalten: sie haben ihm für sein Lebenswerk einen BigBrotherAward verliehen.

Preis für Neusprech und "Prix Voltaire"

Anders als bei uns, gibt es in Frankreich eine zusätzliche, sehr interessante Preiskategorie: Die Kategorie "Novlang" oder "Neusprech". Das Beispiel des Ministers Brice Hortefeux , der ganze Gesetze umschreiben und jedesmal das Wort "Videoübewachung" durch das Wort "Videoschutz" ersetzen lässt, hat diese Kategorie geradezu exemplarisch ausgefüllt. Und in Deutschland ließen sich sicher ähnliche Beispiele finden.

Ein weiterer Preis, den es in Deutschland nicht gibt: Der "Prix Voltaire", der an Leute oder Gruppen vergeben wird, die sich in besonders eindrucksvoller Weise gegen Maßnahmen der Überwachung und Datenspeicherung zur Wehr setzen. Ein Preis, der zeigt, wenn sich Widerstand gegen staatliche und wirtschaftliche Ausspähmaßnahmen regt, und in welcher Weise Leute sich dagegen wehren.

Wie sich die Preise gleichen

Für den externen Beobachter war vor allem interessant, wie sehr sich die Bereiche, die Themen und die Maßnahmen gleichen, mit denen die Menschen an permanente Überwachung gewöhnt und ihr gefügig gemacht werden sollen. Es gibt eigentlich nur graduelle Unterschiede, teilweise eine leichte Verschiebung der Schwerpunkte. Aber ob es nun um die angestrebte Auswertung von Gesundheitsdaten geht oder die zunehmend umfassendere Kategorisierung von Kindern und Schülern nach ihrem Leistungsniveau und ihrem sonstigen persönlichen Vermögen (um nur zwei zu nennen), oder um die allgemeine, immer umfangreichere Speicherung aller möglichen Daten einzelner Bürgerinnen und Bürger in jedem nur denkbaren Zusammenhang - die Bilder gleichen sich. Die Bürgerrechte in diesem Bereich immer weiter einzuengen und zu beschneiden, ist anscheinend eine europaweite Tendenz, nicht nur eine nationale. Der Haupteindruck: Die BigBrotherAwards sind wichtiger denn je, um auf Datenschutzvergehen aufmerksam zu machen.

Bei der nächsten Verleihung in Deutschland dürfen sich die deutschen BigBrotherAwards jedenfalls auf Besuch aus Frankreich freuen.

Über die BigBrotherAwards

Spannend, unterhaltsam und gut verständlich wird dieser Datenschutz-Negativpreis an Firmen, Organisationen und Politiker.innen verliehen. Die BigBrotherAwards prämieren Datensünder in Wirtschaft und Politik und wurden deshalb von Le Monde „Oscars für Datenkraken“ genannt.

Ausgerichtet von (unter anderem):

BigBrother Awards International (Logo)

BigBrotherAwards International

Die BigBrotherAwards sind ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden fragwürdige Praktiken mit diesen Preisen ausgezeichnet.