Publikumspreis (2006)

Versicherungswirtschaft verunsichert

Erstmalig konnte das Publikum bei den BigBrotherAwards entscheiden, welcher der Preisträgerinnen und Preisträger den Publikumspreis erhalten soll.
Das Publikum während der BBAs 2006.

Fast die Hälfte der rund fünhundert anwesenden Zuschauerinnen und Zuschauer hatten einen Stimmzettel abgegeben. Nach der Auszählung ist klar: Zweiunddreißig Prozent der abgegebenen Stimmen entschieden sich für den Preisträger aus der Kategorie Verbraucherschutz für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) für die Warn- und Hinweisdateien der Versicherungswirtschaft, mit denen Versicherungen umfangreiche Daten von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern austauschen – nach geheimgehaltenen Kriterien, ohne ausreichende rechtliche Grundlage und ohne Wissen der Betroffenen.

Viele der Abstimmenden haben die Möglichkeit genutzt, ihre Entscheidung zu begründen. Hier ist eine Auswahl der Begründungen:

Behörden & Verwaltung: Kultusministerkonferenz

  • Es ist schrecklich, dass über die Personen die Daten gesammelt werden, die nix dagegen tun können, weil sie so jung sind.
  • Inzwischen geht Datenmissbrauch schon ohne Ziel und ohne Begründung!!
  • Die Schüleridentitätserhebung belastet in unzulässiger Weise den weiteren Lebensweg der Schüler und berücksichtigt zu wenig, dass sich „Jugendsünden“ ja auch auswaschen können.
  • Für die unreflektierte Gesetzgebung, mit der die nächsten Generationen schon im Kindesalter an Registration und Protokollierung gewöhnt werden. Das wird zukünftige Gesetzgebungen sicherlich vereinfachen …

Politik: Landtag Mecklenburg-Vorpommern

  • Sie erreichen den Hof mit Müh und Not, die Freiheit dann – war sie tot.
  • Weil das, wie gesagt, gegen das Grundgesetz verstößt. (Da kann man auch nichts dran ändern, oder?)
  • Man sieht, was für „Demokraten“ die Abgeordneten sind, die soviel Angst vor ihrem Wahlvolk haben, dass es flächenweit beobachtet und abgehört werden soll – und das grundlos.

Politik: Bundesinnenministerkonferenz

  • Einmal Gestapo reicht!
  • George Orwell lässt grüßen! Einen Überwachungsstaat will ich nicht!

Verbraucher Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

  • Ironisch gesagt: Es ist toll, dass auch Unbeteiligte, die keinen Vertrag unterschreiben und helfen wollen (z. B. Unfallzeugen), betroffen sind.
  • Die Versicherungsdatenbank ist das dreisteste, geheimste und vielleicht auch am deutlichsten illegale „Projekt“ unter den Preisen.
  • Die erforderlichen Rechtsgrundlagen stehen im Widerspruch zu den erklärten Rechtssätzen. Dass eine derartige Praxis rechtswidrig ist, wird bereits im ersten Semester Jurastudenten erklärt!
  • Ich war erschrocken über den weit reichenden Einfluss der Lobbys und die Konsequenzen für die Versicherten, einfach nur dreist!
  • Versicherungen betreffen jeden Bereich unseres Lebens. Die Kriterien für die Aufnahme in die Datei werden nicht offengelegt und es gibt keine Möglichkeit zur Einsicht und Löschung, was Konsequenzen auf Lebenszeit haben kann.

Wirtschaft: SWIFT

  • Abgesehen davon, dass massiv in die Privatsphäre eingegriffen wird, vereinfacht es die Industriespionage der internationalen Konzerne.
  • Weil meine Bankdetails nicht mal meine Mutter was angehen.
  • Ich vertraue meinem Staat kaum noch – geschweige denn fremden!
  • Erschütternd, empörend, vor allem aber fast rasend vor Wut über alle diese Verbrechen gleichermaßen.
Kategorie

Über die BigBrotherAwards

Spannend, unterhaltsam und gut verständlich wird dieser Datenschutz-Negativpreis an Firmen, Organisationen und Politiker.innen verliehen. Die BigBrotherAwards prämieren Datensünder in Wirtschaft und Politik und wurden deshalb von Le Monde „Oscars für Datenkraken“ genannt.

Ausgerichtet von (unter anderem):

BigBrother Awards International (Logo)

BigBrotherAwards International

Die BigBrotherAwards sind ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden fragwürdige Praktiken mit diesen Preisen ausgezeichnet.