PLT – Planung für Logistik Transport GmbH
Der BigBrotherAward 2017 in der Kategorie Arbeit geht an die PLT – Planung für Logistik Transport GmbH, weil sie mit dem PLT Personal-Tracker ein Gerät anbietet, dass eine „minutengenaue“ und „unterbrechungsfreie Spurenverfolgung“ von Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeitern ermöglicht. Dies führt zu einer lückenlosen Totalkontrolle der Beschäftigten, die dieses Gerät bei sich tragen müssen.
Der Tracker ist nur wenige Zentimeter groß, enthält einen GPS-Empfänger, ein GSM/GPRS-Modem, einen leistungsfähigen Akku und einen internen Datenspeicher, damit die Tourdaten von Beschäftigten auch dann abrufbar sind, wenn das Mobilfunknetz ausfällt.
Besonders komfortabel ist die Echtzeit-Ortung, wenn die von PLT ebenfalls angebotene Begleitsoftware „TrackPilot“ verwendet wird. Mit dem im „TrackPilot“ integrierten „sehr genauen Kartenmaterial“ können sich Arbeitgeber beispielsweise die von Beschäftigten absolvierte Strecke „exakt“ anzeigen lassen. Den Anwendern werden nach Aussage von PLT auf diesem Weg neben „exakten Fahrtenbüchern und Arbeitszeitberichten zahlreiche Auswertungen und Statistiken geliefert, um Personal und Fuhrpark wirkungsvoll zu steuern.“ Mit wenigen Klicks können hier verschiedene Berichte generiert und auf Wunsch exportiert werden. Durch das versprochene „metergenaue Tracking“ kann dabei beispielsweise erkannt werden, in welchem Tempo sich Zeitungsausträger oder Zusteller bewegen, wie lange sie an einer Haustür oder in einem Büro verweilen oder wann sie eine Pause machen.
Die Firma PLT erhält den BBA 2017 stellvertretend für alle Anbieter dieser Art von Überwachungstechnik, die ohne Rücksicht auf die Rechte von Beschäftigten eingesetzt wird. Unsere Preisverleihung soll diesen Trend stoppen.
PLT ist hat den BigBrotherAward besonders verdient, weil diese Firma in ihrer Werbung gesetzliche Vorschriften verfälscht, um den Einsatz von Personal-Trackern nicht nur als gesetzeskonform, sondern quasi als gesetzlich erforderlich darzustellen. So behauptet PLT auf seiner Website:
„Insbesondere das neue Mindestlohngesetz (MiLoG), welches am 01.01.2015 in Kraft trat, macht es in vielen Branchen notwendig, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter zu überwachen und minutengenau zu dokumentieren, damit später bewiesen werden kann, dass auch tatsächlich der Mindestlohn i. H. v. 8,50 Euro gezahlt wurde. Daraus erwächst in einigen Branchen ein immenser Mehraufwand, nur um die Einhaltung des Gesetzes zu dokumentieren und den Nachweispflichten nachzukommen. Besonders hart betroffen sind vom Mindestlohn Zustelldienste und Zusteller der Zeitungslogistik und Brieflogistik. Die tatsächlichen Arbeitszeiten der Zeitungszusteller müssen aufgezeichnet und für Prüfungen des Zoll mindestens 10 Jahre vorgehalten werden.“
Diese Werbeaussage ist eine echte „Fake News“: Richtig ist hieran eigentlich nur die Information, dass das Mindestlohngesetz (MiLoG) Arbeitgebern mit Wirkung vom 1. Januar 2015 bestimmte Nachweispflichten auferlegt. Nach § 17 Abs. 1 dieses Gesetzes sind sie verpflichtet,
„Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren“.
Dazu reicht es, wenn die Beschäftigten einen Stundenzettel ausfüllen, wie sie es seit Jahrzehnten tun. Von einer Verpflichtung zur „minutengenauen“ Überwachung der Arbeitszeit ist hingegen im MiLoG ebenso wenig die Rede wie von einem Recht der Arbeitgeber, den genauen Standort von Beschäftigten permanent zu erfassen. Auch eine angebliche „zehnjährige Aufbewahrungspflicht“ gibt es schlicht nicht, auch nicht „für den Zoll“. Was die Firma PLT da auf ihrer Website schreibt, ist damit eine plumpe Verfälschung der gesetzlichen Situation.
Die vollmundigen Werbeaussagen auf der PLT-Website ändern aber nichts an der eindeutigen arbeits- und datenschutzrechtlichen Situation, nach der eine permanente und metergenaue elektronische Totalüberwachung des Standorts und der Bewegungen von Beschäftigten in den allermeisten Fällen verboten ist. Datenschutzrechtlich zulässig ist eine exakte online-Ortung von Menschen nur in wenigen Ausnahmen, etwa für Besatzungen von vollgepackten Geldtransportern oder für Berufsfeuerwehrleute während des Einsatzes in einem brennenden Haus. Für „normale“ Beschäftigte wie etwa für Auslieferungsfahrer ist es völlig ausreichend, wenn ihr ungefährer Standort oder ihre ungefähre Ankunftszeit bei Kunden an die Zentrale übermittelt wird.
Das minuten- und metergenaue Tracking, dass der PLT Personal-Tracker verspricht, trifft damit auf leicht erkennbare und eindeutige rechtliche Grenzen. Für die Branchen, die PLT auf seiner Website nennt:
„Winterdienst (Handtouren), Wachdienst, Objektschutz, Gebietsbestreifung, Agrar- und Forstbetrieb, Sportveranstaltungen oder Zustelldienst, Zusteller der Zeitungslogistik und Brieflogistik.“
gibt es keine gesetzliche Erlaubnis. Deshalb ist der Einsatz von Personal-Trackern in derartigen Fällen arbeitsrechtlich und datenschutzrechtlich unzulässig.
Umso erstaunlicher ist es, dass der Personal-Tracker laut der Website von PLT bereits vielfach „legal“ eingesetzt werden soll:
„Bereits etliche Zustelldienste haben Ihre Zusteller mit dem PLT Personal Tracker ausgestattet und eine entsprechende interne Betriebsvereinbarung getroffen. Danach werden die zurückgelegten Zustelltouren der Zeitungsausträger metergenau getrackt und im TrackPilot Ortungssystem zu übersichtlichen Arbeitszeitberichten verarbeitet. Die Berichte können in Dateiform gespeichert und dauerhaft archiviert werden.“
Der Hinweis auf Betriebsvereinbarungen, durch die ein metergenaues persönliches Tracking von Zustellern erlaubt wird, hat uns verblüfft. Das würde ja bedeuten, dass Betriebsräte einer Form der Totalüberwachung zugestimmt hätten, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts in Arbeitsverhältnissen unzulässig ist.
Deshalb haben wir uns die auf der PLT-Website hinterlegten „Betriebsvereinbarungen“ genauer angesehen. Erwartet hätten wir hier eine Referenzliste mit Formulierungsbeispielen aus bereits abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen. Stattdessen finden sich hier aber nur allgemeine Hinweise auf deren mögliche Regelungsinhalte sowie auf rechtliche Probleme. Auch dieser Teil der PLT-Präsentation ist wiederum eine geschickte Marketingaussage, die vorgaukelt, dass rechtlich alles in Ordnung ist.
Seltsam mutet auch die folgende Formulierung an:
„Durch die extrem kleinen Abmaße lässt sich das Gerät sehr leicht am Körper tragen oder versteckt positionieren und passt in jede Hosentasche.“
Wieso weist die Firma PLT darauf hin, dass es möglich ist, den Personal-Tracker etwa auch versteckt in einem Auslieferungswagen oder in einer Tragetasche unterzubringen? Die Ortung könnte dann ohne Wissen der Beschäftigten erfolgen. Dies aber wäre nach geltender Rechtslage definitiv unzulässig.
Der Einsatz von Personal-Trackern zur Totalkontrolle von Beschäftigten – sei es das Gerät von PLT oder auch von einer anderen Firma – ist menschenunwürdig, rechtswidrig und sinnlos. Diese Geräte sind genau wie durch Videokameras „totalüberwachte“ Arbeitsplätze Ausdruck des überbordenden Kontrollwahns und des übertriebenen Misstrauens von Arbeitgebern, die meinen, jeden Meter und jede Minute der Arbeit ihrer Beschäftigten überwachen und erfassen zu müssen.
Hinzu kommt: Es gibt weder die von PLT behauptete gesetzliche Erfordernis, noch beinhaltet etwa die meter- und minutengenaue Erfassung eines Briefträgers ein nennenswertes Einsparpotenzial für die Unternehmen. Ganz im Gegenteil: Derartige Kontrollen kosten zunächst einmal Geld. Firmen wie PLT verdienen am Kontrollwahn von Arbeitgebern und an der absurden, aber weit verbreiten Logik „Überwachung gleich Sicherheit“. Die angebotene Überwachungstechnologie wird auf Kosten der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vermarktet.
Hoffentlich können wir mit diesem BigBrotherAward einige Firmenchefs und -chefinnen davor bewahren, auf diese Propaganda herein zu fallen. Probieren Sie es doch einmal anders: Vermitteln Sie Ihren Beschäftigten Vertrauen und Wertschätzung. Optimieren Sie mit ihnen zusammen Routenführungen und entwickeln sie mögliche Effizienz-Steigerungen gemeinsam. Nehmen Sie ernst, dass diese Menschen ihre Touren und Arbeitsabläufe am besten kennen. Das wirkt sich mit Sicherheit positiv auf die Arbeitsmotivation aus – und steigert das Arbeitstempo vielleicht ganz ohne Zusatzkosten.
Herzlichen Glückwunsch zum BigBrotherAward 2017, Firma PLT – Planung für Logistik und Transport GmbH.
- PLT bezieht sich in Antwortbrief auf ungültige Paragrafen06.05.2017Update zu BBAs